Es gibt viele Beispiele über gescheiterte Projekte, die auf mangelnde Kommunikation zurückzuführen sind. Dazu zählen komplexe Projekte aus der Luft-und Raumahrt (Apollo 13 mit Überlastung einer Sicherung, die Raumfähre Challenger mit der mangelnden Kommunikation im Team über das Verhalten von Dichtungen bei Kälte). Bauprojekte bei denen auf beiden Seiten eines Flusses von unterschiedlichen (nationalen) Meereshöhen ausgegangen worden ist und in der Mitte des Flusses sich nicht getroffen haben.
Unendlich viele ERP-Projekte, bei dem die Beteiligten (zumeist Softwarehäuser und Unternehmen, die IT-Projekte umsetzen und neue ERP-Syteme einführen) im Projektverlauf feststellen, Anforderungen und Erwartungen nicht ausreichend kommuniziert zu haben.
Stammdaten- und Schnittstellendefinitionen benötigen exakte Festlegungen und klare Strukturen, um in einem ERP-Projekt ihren erfolgreichen Anteil einzubringen.
Mangelnde Kommunikation und auch unzureichende Fähigkeiten von Projektleitern und Beteiligten sind Hauptursachen für das Scheitern von Projekten.
Ziel dieser Publikation ist, Ihnen Hilfestellung aus unserer Praxis zu geben, damit Sie den wichtigen Aspekt der Kommunikation im ERP-Projektmanagement erfolgreich nutzen können.
Wir haben dieses Hilfestellung auf Basis unserer Erfahrung im Projektmanagement erstellt.
Zunächst ist es wichtig, dass der ERP-Projektleiter eine klare Defininition des Projektziels durch das Management und oder die Stakeholder erhalten hat. Nur damit ist er überhaupt in der Lage, die Anforderungen der Investoren und der Business-Process-Owner zu erfüllen.
Gerade die in stärkerem Maße zunehmende Internationalisierung, als auch neue Arbeitsformen (remote, hybrid etc.) führen in Projekten mehr und mehr dazu, dass neue Kommunikationskanäle genutzt werden. Dies können das klassische e-mail, Werkzeuge aus dem Social Media Bereich wie Whats up, Slack, Teams und viele mehr sein. Gleichzeitig wird ein professioneller Projektleiter das für seine Aufgabe richtige Projekmanagement-Tool einsetzen und sein Projekt damit steuern. Dies bedeutet auch, dass er in seinem Projektmanagement-Werkzeug Informationen und Daten speichern muss, die aus anderen Kanälen stammen und dennoch zum Projekt gehören. Über die Systemgrenzen hinweg ist dies alleine schon eine Herausforderung für den ERP-Projektmanager, alle Informationen auswertbar und aktuell zu halten.
Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die heute normale Nutzung von Videokonferenzen für Abstimmungen im Projektmanagement. Hier sind klare Regeln für eine Dokumentation, die Gesprächsdurchführung und die Zielerreichung notwendig.
Wir stellen in der Praxis oft fest, dass es nicht allen Teilnehmern gelingt, das Niveau einer Präsenzveranstaltung der Vor-Covid Zeit zu erreichen.
Auch dazu geben wir Ihnen in dieser ERP-Projektleiter Publikation Hinweise was sie beachten sollten und was sie vermeiden müssten.
Kommunikation ist für uns Menschen so selbstverständlich, dass wir uns darüber wenig Gedanken machen. Wir konnten bei unserer ERP-Beratung in Projekten, die in Schieflage waren oder als gescheiterte ERP-Projekte galten, feststellen, daß eine der Ursachen auch in mißverständlicher Kommunikation zu suchen war.
Kommunikation ist für uns inzwischen schon so selbstverständlich, dass wir erst dann aufmerksam werden wenn sie nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Gerne wird dies mit der Frage eingeleitet: Warum werde ich nicht verstanden?
Kommunikation muss Wirkung haben, nicht Absicht. Woher kommen diese Mißverständnisse?
In vielen Lenkungsausschuss- und Projektleitersitzungen und an denen wir teilnehmen, erkennen wir, dass meist vorausgesetz wird, dass beim Gesprächspartner auch das ankommt, was ihm gesagt worden ist. Wir stellen leider fest, dass dies nicht immer so ist. In positiven Fällen wird dies schnell bemerkt, wenn der Gesprächspartner irritiert oder unverstanden reagiert. Meist wird dann die Kommunikation eingeleitet mit der Bemerkung: „so habe ich das aber nicht gemeint“.
In den Fällen, in denen Aussagen und Anweisungen vom ERP-Projektleiter an das ERP-Team nicht sofort auf Fragen stossen, werden eventuelle Mißverständnisse im Projekt dann zur Umsetzung gebracht. Damit ist der Start für Schwierigkeiten und eventuellen Problemen im ERP-Projekt durchgeführt.
Eine gute Projektkommunikation muss nicht zwangsläufig perfekt sein. Jedoch muss der Anspruch gelten, dass der Projektleiter Informationen vom Projektteam erhält, damit er die Lage einschätzen und feststellen kann, wenn es Abweichungen vom Projektziel oder der Projektplanung gibt.
Wissenschaftlich wurden viele Arbeiten zur Kommunikation durchgeführt. Die wissenschaftliche Betrachtung ist nicht neu und ein Zeichen dafür, dass es für effiziente Kommunikation schon lange Bedarf gab.
Der US Kommunikationswissenschaftler Harold Dwight Lasswell formulierte schon 1948 eine später nach ihm benannte Formel der Kommunikation. In einem Satz zusammengefasst stellt sie die Elemente, welche eine Kommunikation formen vor: Wer sagt was in welchem Kanal zu wem mit welchem Effekt?
Die Elemente im Einzelnen:
Die Kommunikation gelingt nur dann wenn alle Elemente einer Kommunikationskette aufeinander abgestimmt sind. Dies insbesondere bei den unterschiedlichsten Interessenlagen in einem ERP-Projekt.
Der österreichische Verhaltensforscher Konrad Lorenz hat unterschiedliche Hindernisse aufgezählt, die in einer Lasswell Formel überwunden werden müssen:
Wenn wir dies für die Kommunikation in einem ERP-Projekt zusammenfassen, dann bedeutet die Lasswell Formel und die Kommunikationskette von Lorenz, dass es nicht ausreicht, eine Botschaft (Anweisung, Task, Projekt to do etc) auszusenden, sondern darauf zu achten, dass die Botschaft ihre Wirkung erzielt. Erst wenn die Kommunikation die beabsichtigte Wirkung erzielt, ist sie gelungen und erfolgreich. Deshalb ist Kommunikation nicht Absicht, sondern Wirkung.
Beim Kommunikationsmodell von Warren Weaver und Claude Elwood Shannon von 1949 stand die Nachrichtentechnik Pate.
Abbildung: Das Sender-Empfänger-Modell in der Kommunikation
Das Modell geht davon aus, dass es bei der Kommunikation zwei unterschiedliche Rollen gibt: einen Sender und einen Empfänger. Jeder kann beide Rollen einnehmen. Damit über den Nachrichtenkanal eine Nachricht übermittelt werden kann, muss der Sender die Nachricht codieren und der Empfänger muss sie wieder decodieren. Die Kommunikation war dann erfolgreich, wenn Sender und Empfänger den gleichen Code verwenden. Sie verstehen sich nicht, wenn ihr Code unterschiedlich ist. Am deutlichsten ist dies bei zwei unterschiedlichen Sprachen, Gestik und Mimik gehören ebenso dazu.
Unter einem Gatekeeper wird ein Torwächter verstanden und die dazugehörende metaphorische Bezeichnung für einen Faktor, der bei einem Entscheidungsprozess die Auswahl definiert und bestimmt. Das Gatekeeper Modell von Bruce Westley und Malcolm McLean beschreibt die Nachrichtenübermittlung als selektiven Prozess.
Abbildung: Der Empfänger erhält eine mehrfach selektierte Information
Der Sender wählt aus einer Vielzahl von Ereignissen die er kommunizieren möchte einige aus und macht daraus eine Botschaft. Welche Botschaft er dabei übermitteln will, unterliegt seinen Interessen und wird dadurch bestimmt.
In der Regel ist auch das Medium nicht neutral. Es slektiert ebenfalls die vom Sender angebotenen Botschaften. Als Beispiel: eine Telefonkonferenz überträgt keine Bilder. Dadurch erhält der Empfänger eine Botschaft, die nicht mehr dem ursprünglichen Ereignis (Inhalt) entspricht. Vielmehr ist sie durch den Auswahlprozess verändert worden. Selbts wenn der Empfänger die Nachricht richtig decodiert, es bedeutet nicht unbedingt, dass er über alles informiert ist.
Die sogenannte Eisbergmetapher stammt von Ernest Hemmingway. Er war der Ansicht, daß es reiche, wenn in seinen Werken, wie in einem Eisberg, nur ein Achtel sichtbar ist, also explizit erzählt wird, weil die restlichen sieben achtel sozusagen unter der Wasseroberfläche liegen und vom Leser auch so erkannt würde.
Das Eisbergmodell von Floyd L. Ruch und Phillip G. Zimbardo sagt nach deren Kommunikationstheorie folgendes aus:
Das Eisbergmodell veranschaulicht deutlich, dass nur ein kleiner Teil der Informationen sichtbar sind. Eine Rolle in der Kommunikation im ERP-Projekt spielen aber alle Informationen, also auch die unter der sichtbaren Wasserlinie.
Vor allem besteht die Gefahr, dass die Handlungsmotive des ERP-Teams nicht sichtbar werden. Damit nehmen weder Sender noch Empfänger diese in der Kommunikation wahr.
In diesem Zusammenhang wird auch gerne von der 80/20-Regel, -dem Paretoprinzip- gesprochen. Dabei wird angenommen, dass nur 20% der Informationen an die Oberfläche kommen und 80% verborgen bleiben.
Hinweis:
Enwickeln Sie als ERP-Projektleiter eine Sensibilität für versteckte Motive und eventuell verborgene Gründe und Motive, welche die Handlungen der ERP-Teammitglieder beeinflussen.
Vor allem sind dies Hinweise, Hilfestellungen und Best-Practice Ansätze aus unseren Umsetzungsprojekten bei der ERP-Einführung und bei den ERP-Projektleitungen.
Dazu gibt es von Benjamin Franklin ein interessantes Zitat:
"Wenn du es nicht geschafft hast, dich vorzubereiten, bist du vorbereitet zu scheitern."
Dies gilt auch für die Projektarbeit im ERP-Einführungsprojekt, als auch für die Vorbereitung der geplanten Kommunikation im ERP-Projekt.
Wenn alle Teilnehmer die Informationen bekommen, die Sie benötigen oder Wünschen, dann wird sich die Zufriedenheit der Stakeholder als auch der ERP-Teammitglieder, als auch des Softwareanbieters in der Implementierung verbessern. Der Anteil an Mißtrauen und ad hoc Sitzungen wird zurückgehen.
Als Projektleiter können Sie dies erreichen, in dem Sie ein funtkionierende Kommunikationsmanagement installieren.
Dazu müssen folgende Fragen beantwortet werden:
Es ist selbstverständlich, dass die Kommunikationsnotwendigkeit mit zunehmender Projektgröße steigt, weil mehr Teilnehmer informiert werden wollen als auch Informationen liefern müssen.
Kleine Projekte haben geringe Kommunikationskanäle, die bedient werden müssen. Dennoch empfehlen wir aus Erfahrung dies auch zu systematisieren.
Es gibt für die Anzahl der Kommunikationskanäle eine Formel, mit der Sie dies berechnen können:
Anzahl der Kommunikationskanäle: n x (n-1) /2 (n mal (n-1) geteilt durch 2
Bei 30 Projektbeteiligten (Stakeholdern) bedeutet dies, dass Sie mit 435 Kanälen zu rechnen haben. Jedes Projektmitglied hat einen Kommunikationskanal zu jedem anderen ERP-Teammitglied. Es gibt also von jedem Teammitglied soviele ausgehende Kanäle wie es ERP-Projektmitglieder gibt.
Daß dies Sie jetzt im ersten Augenblick erstaunen kann, ist nichts aussergewöhnliches. Viele Kommunikationskanäle können Sie zusammenfassen (Abteilungsteams, Funktionsteams etc.) weil nicht jedes ERP-Teammitlgied mit jeder Information individuell versorgt werden muss.
Die Herausforderung für den ERP-Projektmanager besteht darin, die Kommunikantionskanäle effektiv zusammenzufassen.
Lassen Sie sich durch diesen Hinweis inspirieren und leiten: Merke:
Projektkommunikation ist der Prozess, durch den alle am ERP-Projekt Beteiligten die für sie wichtigen Informationen und Hinweise bekommen. Sie ist das Bindeglied zwischen allen, die einen Einfluss auf die Projektumsetzung oder das Projektergebnis haben. (Dazu gehören vor allem auch die Prozessowner).
Die Kommunikation im ERP-Projekt ist dann effektiv, wenn das ERP-Team die Informationen im richtigen Format, zur richtigen Zeit (Projektplan) und zu den richtigen Adressanten mit der beabsichtigten Wirkung übermittelt wird. Wichtig dabei ist auch, daß sie keine unnötigen Informationen übermitteln, sondern als ERP-Projektleiter „auf den Punkt“ kommen.
Hinweise und Checkliste:
Abbildung: Aufgaben des ERP-Projektmanagers im Kommunikationsprozess.
Die Aufgaben im Einzelnen kurz erläutert:
1. Kommunikation planen:
Zu Beginn des ERP-Projektes plant der Projektleiter (unter anderem) die Kommunikation. Wir empfehlen diese Aufgabe in der sogenannten „Ramp up Phase“ durchzuführen. Damit haben wir gute Erfahrung machen können. Alle Informationsbedürfnisse der Stakeholder sollen mit der zur Verfügung stehenden Kommunikationsinfrastruktur möglich sein.
2. Kommunikation managen:
Während des ERP-Projektes stellt der ERP-Projektleiter sicher, dass alle Informationen erstellt, gesammelt, verteilt und gespeichert werden. Grundlage dazu ist der Kommunikationsplan.
3. Kommunikation überwachen:
Der ERP-Projektleiter muss die Kommunikation überwachen und überprüfen, ob alle ERP-Teammitglieder alle notwendigen Informationen erhalten und die für das Projekt relevanten Informationen erstellt werden.
Wir nutzen dazu spezielle Projektmanagement-Tools, die einerseits das Projektmanagement, deren Planung und Steuerung ermöglichen, als auch definierte Projektstatusberichte erzeugen, die dann entweder automatisch oder auf Anforderung an die Projektstakeholder ausgeliefert werden können. Falls Sie dazu Fragen haben, nutzen Sie einfach diesen Link und stellen uns Ihre Frage direkt.
Hier sind alle aufgeführt, die berechtigtes Interesse am Projekt und an dessen Ergebnis haben. Die Anforderungen an Ihre Kommunikationsbedürfnisse (Bericht, Grafiken, KPI‘s) sind hier zusammengefasst und dokumentiert.
Die ERP-Projektkommunikation findet nicht im „leeren Raum“ statt, sondern in einem Unternehmen, welches Kommunikationsregeln und Compliance-Anforderungen berücksichtigen muss. CI Anforderungen, Mitbestimmungsregeln und vieles mehr muss hierbei berücksichtigt werden.
Die Projektkommunikationsplanung sollte die Erfahrung des ERP-Projektteams nutzen, um do‘s und don‘ts aus bisherigen Projekten einfließen zu lassen.
Der Kommunikationsplan ist ein Teil des ERP-Projektplans und beschreibt die Art, den Umfang und den Detaillierungsgrad, die Frequenz und den Verteiler der ERP-Projektdokumentation.
In internationalen ERP-Projekten stellen wir immer wieder fest, dass es ein (unnötiges) Potential an Konflikten geben kann. Dazu möchten wir Ihnen aus unserer Projektleitererfahrung einige Hinweise geben, die helfen den Projekterfolg zu erreichen.
Sicherlich kennen Sie die Bilder oder haben Bilder vor Augen, wenn Sie in einem anderen Land auf Urlaubsreise sind oder mit Menschen aus anderen Kulturkreisen kommunizieren. Manches, was in unserem Kulturkreis als normal und selbstverständlich angesehen wird, ist in einem anderen Kulturkreis ein absolutes no go, umgekehrt gilt dies natürlich auch.
Wissenschaftlich haben die Mildred und Edward Hall schon 1987 untersucht. Sie fanden - in aller Kürze - heraus, dass die Kommunikation unterschiedlicher Kulturen tendenziell zu einem von zwei Kommunikationsstilen zuordnen lassen:
Diese gibt es beispielsweise in arabischen Ländern, im Mttelmeerraum, ganz Lateinamerika und in Asien. Hier ist es üblich, alles zu vermeiden, was die Harmonie stört oder jemand Dritter brüskiert wird. Dies kann Kontextbezogen situativ bedingt sein und auch aus der Körpersprache erschlossen werden. Dies ist bei zunehmender Nutzung von remote work und Videokonferenzen für den ERP-Projektleiter natürlich eine große Herausforderung. Der Sender der Kommunikation spricht nicht wirklich das aus, was er denkt. Dies muss der ERP-Projektleiter unbedingt beachten und gilt im Rahmen seiner inbound Kommunikation wie auch bei seiner eigenen outboud Kommunikation gleichermaßen.
Dagegen kommunizieren Angehörige direkter Kulturen meist direkt das, was sie denken. Typische Vertreter dieser Kulturen sind Mitteleuropäer, Skandinavier, Nordamerikaner und Schweizer.
Mit diesem Wissen über Kommunikation in ERP-Projekten (dazu gehören auch ERP-Auswahl-Projekte) sind Sie als ERP-Projektleiter gut gerüstet eine erfolgreiche Kommunikationspolitik im ERP-Projekt zu realisieren und damit ein Teil des Erfolgs bei der ERP-Einführung zu leisten.