ERP und Digitalisierung – diese Initiativen benötigen Klarheit, ein Projektmanagement mit hoher sozialer Kompetenz und einen Fokus auf Change Management.
Wenn der Blick der verantwortlichen Führungskräfte zu sehr auf die Ressort- oder Abteilungsegoismen fokussiert ist, dann ist harte Arbeit im Change Management erforderlich. Die Intensität dieser Verhaltensweisen ist abhängig vom Organisations- und Belohnungs- (Prämien-) Modell des Unternehmens und kann ausgehend von der Unternehmensleitung bis in die kleinste Abteilung etabliert sein.
Hier finden wir in Unternehmen immer wieder verschiedene vorhandene Datenbanken, die nicht zusammengeführt sind. Dadurch ist es schwer, einen gesamtheitlichen und einheitlichen Blick auf die Dateninhalte zu bekommen. Am deutlichsten ist dies, wenn Kundendaten mehrdimensional vorliegen und damit ein einheitliches Bild über den Kunden nicht möglich ist. Als Beispiel soll folgende Datenstruktur dies verdeutlichen: der Vertrieb hat Kundendaten und Informationen über künftige Projekte oder Angebote bei dem das Unternehmen nicht zu den Gewinnern gehört hat. Die Produktion und der Service haben Auftragsdaten mit Informationen über die laufenden Aufträge, Rückstände und eventuell anstehende Service und Wartungsarbeiten bei installierten Anlagen und Maschinen beim Kunden. Die Finanzbuchhaltung hat Informationen über offene Rechnungen und das Zahlungsverhalten des Kunden. Die Lagerwirtschaft hat Daten über reservierte oder wegen Qualitätsmängel zurückgeschickte Ware etc.
Diese unterschiedlichen Daten, deren Struktur und der Inhalte sind oftmals in verschiedenen, nicht miteinander kommunizierenden Datenbanken abgelegt.
Dabei ist noch nicht berücksichtigt, welche Datenmengen in verschiedenen Excel Tabellen vorliegen und welche strukturierten oder unstrukturierten Daten dort über oder mit dem Kunden abgelegt werden.
Die Nutzung von Daten aus den sozialen Medien ist in der Regel auch gerne in einem eigenständigen Silo zu finden. Der Grund liegt oftmals darin, dass die ERP Systeme und die heutigen Kommunikations- und Social Media Systeme aus unterschiedlichen Zeitperioden stammen und daher kaum miteinander kompatibel sind.
Wir sprechen dann von Prozess Silos, wenn es nicht gelungen ist, in ERP Systemen einen horizontalen Prozess zu etablieren. Dies zeigt sich bei ERP und Digitalisierung darin, dass unternehmensinterne Prozesse nicht sauber aufeinander abgestimmt sind. Häufig treffen wir dies bei den Prozessen der Produktentwicklung und im Marketing an. Auch der Vertrieb ist davon überdurchschnittlich betroffen. Die Begründung dafür ist recht simpel und einleuchtend. Bei den klassischen ERP Projekten wurde der Fokus in der Vergangenheit in der Regel auf das Enterprise Ressource Planning ERP System gelegt und die Produktion stand im Mittelpunkt. Viele ERP Programme sind auch auf der Seite der Produktentwicklung schwach aufgestellt. In verstärkten Maße trifft dies auch bei Customer Relationship Management (CRM) Themen zu.
Meist erst im Rahmen von ERP und Digitalisierung werden Anstrengungen unternommen, diese Prozesse horizontal stärker miteinander zu verbinden.
Wobei dies eine extrem wichtige Aufgabe darstellt, weil sie aufgrund von Informationen aus dem Kundenverhalten, dem Kundenzufriedenheitsindex und dem Nachkaufverhalten Informationen für das Marketing und die Produktentwicklung zur Verfügung stellen kann und muss. Als Stichwort sei hier „time to market“ oder die schnelle Marktreaktion auf Änderungen des Produktes zu Verbesserungen der eigenen Leistung führen kann. Damit kann die Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich gesteigert werden indem neue und überzeugendere Lösungen für Kunden entwickelt werden können.
Am gravierendsten sind nach unserer Beobachtung aber die Silos in den Köpfen der Mitarbeiter und der Führungskräfte. Dies sind die kognitiven Firewalls. Lesen Sie dazu auch den Artikel Digitalisierung und ERP-wie passt dies zusammen?
Durch das Nicht-Teilen von Informationen, oder das (natürlich unbeabsichtigte) zurückhalten von relevanten Daten werden in vielen Unternehmen Mauern hochgezogen und Prozesse zementiert, die den technischen Fortschritt und die mögliche Marktleistung behindern. Wir treffen in Projekten immer wieder auf Organisationen, bei denen dieses Verhalten toleriert wird oder stillschweigend in Kauf genommen wird.
Diese Silos in den Köpfen verhindert aber die Ausnutzung aller Fähigkeiten, Funktionen und Prozessunterstützung einer ERP und Digitalisierung und deren Potentiale. Damit bleibt das Unternehmen hinter seinen Möglichkeiten zurück und gibt dem Wettbewerb eine große Chance diese offene Flanke zu besetzen.
Solches Silo Denken und solche Silo Strukturen können natürlich in allen Unternehmensbereichen vorkommen. Dies zu Erkennen ist Aufgabe des Managements und der Projektleiter bei den Vorbereitungen und beim Start von ERP und Digitalisierungsprojekten.
Zu den wichtigen Maßnahmen in einem Projekt im Zusammenhang mit ERP und Digitalisierung gehört deshalb die Auseinandersetzung mit der Unternehmenskultur und der Auseinandersetzung mit der Nutzung von Change Management. Nur dann kann ein ERP Projekt im Rahmen der Digitalisierung auch Wirkung zeigen und den notwendigen Wettbewerbsvorteil realisieren. Damit kann auch der notwendige Return of Investment ROI realisiert werden.