Mit der Digitalisierung haben sich Kunden emanzipiert: über die Wissens- und Erfahrungs-Ressource Internet ändert sich der Kaufprozess grundlegend und deshalb wird die gezielte Nutzenkommunikation im Kundendialog nun zum Herzstück sämtlicher Marketingaktivitäten. Schließlich geht es im Marketing ja darum, den Kunden über die verschiedensten Kanäle zu erreichen und ihn zu den richtigen Zeitpunkten einen Schritt näher zum Kaufabschluss zu bringen.
Kunden ziehen wiederholt Schleifen im Auswahlprozess. Immer wieder stoßen Sie dank digitaler Medien und Online-Zugriff auf neues, relevantes Wissen, das vorhandene Auswahlkriterien verändert. Das heißt es kommen neue Kriterien hinzu, andere fallen weg. Wurde der Auswahlprozess früher als linearer Trichter dargestellt, sind es heute „iterative Loops“.
Das klingt sehr theoretisch: Wie sieht das in der Praxis aus? Bleiben wir in einer Szenerie, die Sie auch kennen können: Sie brauchen einen neuen Rechner für zu Hause.
An vielen Stellen waren Sie in den letzten zwei Monaten mit neuen Rechnern konfrontiert: Ganz klassisch in der Werbung vom Elektrodiscounter, und in der Werbung beim Lebensmitteldiscounter. Auf Facebook hat ihnen ein guter Freund automatisiert mitgeteilt – er wusste es gar nicht –, dass er HP gut findet. Ein anderer schwärmt auf demselben Weg von Microsoft. Ihre abonnierten Tweets, Blogs und eMail-Newsletter haben die neu eingeführten Apple-Produkte vorgestellt. Der nette Kollege hat beim Mittagessen von seinem neuen Gaming Rechner geschwärmt. Sie haben mal bei Google „die besten Notebooks 2015“ eingegeben, die CHIP-Rechnervergleiche angeschaut. Danach haben Sie auf den Homepages von Microsoft, HP, Lenovo und Apple vorbeigeschaut, dann doch noch mal den Medion-Rechner und seine Features bei Aldi gegoogelt und die Rechnerhersteller Ihrer engen Wahl auf Bewertungsseiten, in Beurteilungen und auf Preisvergleichseiten Seiten gesucht.
Dabei sind Ihnen gewisse Möglichkeiten erst so richtig bewusst geworden: Flash-Speicher oder nicht, Retina Display, Touchpad mit Stift für Handschrift-Notizen, kabellos, Speichern in der Cloud oder nicht, etc.
und Sie überlegen noch einmal neu, was das für Sie bedeutet. Brauchen Sie es, brauchen Sie es nicht? Ist es das „Mehr an Geld“ wert, oder nicht? So haben Sie Ihre Entscheidungskriterien Ihrem aktuell neusten Wissensstand angepasst und neu bewertet.
Es ist bewiesen: Kunden starten heute mit wenigen Marken im Kopf. Per Online-Recherche erweitern sie ihr Wissen. Die Auswahlkriterien ändern sich immer wieder. Neue Marken kommen ins Spiel, andere fliegen raus. Der Kaufprozess dauert dadurch länger doch die auswählenden Kunden sind zufrieden. Das gibt Ihnen Chancen zum Einstieg, die Sie mit einer guten Vermarktungsstrategie ergreifen können. Und zwar auch dann, wenn Sie ursprünglich nicht auf der Shortliste waren.
Beim nächsten Gastbeitrag schauen wir uns die Situation im B2B einmal näher an. Verändern sich auch dort zunehmend die Auswahlkriterien „on the run“, also mitten im Prozess?
Das Stichwort Big Data oder eine Sammlung von Informationen über das Einkaufsverhalten ist sicherlich sinnvoll. Klingt auch vernünftig, und jeder im Marketing, im Vertrieb und im Verkauf würde dieser Aussage zustimmen. Ein Problem dabei kann aber in den bisher eingesetzten IT Systemen, meist ERP Software, liegen, die von ihrer Architektur, und von ihrer Möglichkeit Daten einzusammeln nicht für solche Aufgaben in Frage kommen. Es muss nach unserer Erfahrung auch nicht immer ein CRM System sein.
Welchen Lösungsansatz empfehlen wir aus unserer Sicht bei einer solchen Fragestellung? Zerlegen Sie den Kaufprozess ihres Kunden. Zunächst in große Schritte und dann immer feiner. Prüfen Sie, an welchen Punkten der Käufer zusätzlich Informationen bekommen hat, oder sie den Eindruck haben, dass er sie beschafft hat. Analysieren Sie dann die Veränderungen in seinem Kaufprozess. Damit können sie schon sehr viel über die Informationsmenge aussagen, die notwendig war, um zu einer Kaufentscheidung oder zu einem Kaufabbruch geführt hat. Versuchen Sie diese Informationen dann ihrem potentiellen Kunden so schnell als möglich zu vermitteln und geben sie ihm damit auch die Sicherheit die richtige Kaufentscheidung für Ihr Produkt treffen zu können.Für die IT bedeutet dies, dass der ERP Consultant oder der ERP Berater aus der eigenen IT sehr nahe am Business Process sein muss, um zu erkennen wo er automatisiert oder durch Eingabe Informationen zum Kaufprozess einspielen oder automatisch dem Kunden geben kann. Alle in irgendeiner Weise im Verkaufsprozess eingebundene Mitarbeiter müssen ihren Kundenkontakt, das Ergebnis der Besprechung oder der Versand von Informationen zentral zu diesem Kunden speichern. Damit kann sichergestellt werden, dass jeder künftige Kontakt mit dem Kunden von jedem Mitarbeiter bearbeitet werden kann, weil die Historie einsehbar ist. Die ist nicht einfach, weil es in der Regel Mühe macht, Daten in ein ERP oder CRM System einzugeben. Aber in der Zukunft wird es für Unternehmen schwer werden, wenn sie es nicht schaffen sich diesem neuen Kundenverhalten anzunähern und ihre ERP Systeme und ERP Software darauf anzupassen.
Zur Autorin:
Dr. Ute Hillmer
Dr. Ute Hillmer ist mit ihrer Stuttgarter Beratungsfirma „Better Reality Marketing“ darauf spezialisiert, Dienstleistungs-, Software und Hardwarefirmen aus ITK, Mechatronik und Industrie vom großen Mittelständler bis zum blutjungen Startup durch gezielte Positionierung und Vermarktung ins Wachstum zu bringen.
Nehmen Sie Kontakt auf: hillmer@better-reality.com
´Welche Erfahrung haben Sie damit gemacht? schreiben sie mir ganz einfach. Die Autorin ist auch auf Ihrer Webseite: www.better-reality.com zu erreichen
Die genannten Marken sind Marken, deren Rechte bei den Markeninhabern liegen. Ende des Gastbeitrages.